Verhalten bei Felssturz und Steinschlag

Hinweise für Bergtouren im Spätsommer und Herbst  

Ein Beitrag von Wolfgang Engelter, Tourenleiter 

Immer deutlicher kann es der Bergwanderer erkennen. Die Klimaveränderungen nehmen ganz besonders in den höheren Lagen viel mehr Tempo auf als in der tiefen Ebene. Immer größer werden die Herausforderungen für die einzelnen Sektionen des deutschen Alpenvereins, ihr Wegenetz und die Hütten dem anzupassen. 

Der Rückgang der Gletscher und Schneebestände in den Hochlagen bedeutet u.a. immer weniger Wasser auf den Hütten und für den Wanderer und Bergsteiger immer größere Umwege durch Geröllfelder.  

Das Verschwinden der Gletscher ist neben dem sich immer mehr nach oben verschiebenden Permafrost der Hauptgrund von Steinschlägen und Felsabbrüchen. Die neuesten Messungen der Geologen lassen erkennen, dass der Permafrost auf der Nordseite der Berge schon bei 3.200 Höhenmeter verschwindet, auf den Südseiten schon bei 2.800 Höhenmeter. Von Permafrost spricht man, wenn die Temperatur für mindestens zwei Jahre ununterbrochen unter 0° Grad Celsius bleibt. 

Während der Permafrost als natürlicher Kleber der Steine und Felsen fungiert, ist der Gletscher mit seinem Gewicht die andere Komponente, die den Fels stabilisiert. Ist also der Gletscher verschwunden fehlt der Druck auf den Fels.  

Zeit also, sich mit neuen Gefahren zu beschäftigen und sich vorzubereiten. Was tun bei Felsabbruch und Steinschlag, und worauf muss ich achten? Zunächst einmal erkennt der Wanderer ein Gefahrengebiet, indem er Fels- und Stein in seiner Umgebung liest.  

Unterschiedliche Farben des Gesteins lassen erkennen, ob es kürzlich einen Abbruch gegeben hat. Genauso, ob Steine und Geröll mit sogenannten Schuttdecker Pflanzen bedeckt sind. Alles ohne Pflanzen ist vor relativ kurzer Zeit abgebrochen. Gestein, mit Pflanzen oder Moos bedeckt, liegt da schon länger. 

Liegen nah an einer bröckelig aussehenden Felswand auf und neben dem Wanderweg viele kleine, unbewachsene Steine, dann besteht akute Steinschlaggefahr. 

Schotterhalden unter einer Felswand sind Beweise für kontinuierliche Sturzprozesse, die das ganze Jahr über auftreten können. Einzelereignisse wiederum, vor allem bei Starkniederschlägen, sind vor allem in und unter rinnenartigen Bergstrukturen zu erwarten. 

Daraus folgt, dass in der Regel Stein- und Felsabbrüche nicht kurzfristig oder einmalig sind, sondern sich über mehrere Tage und Wochen hinziehen. Hier sind die Hüttenwirte gute Ansprechpartner. Denkt bei der Gelegenheit daran, dass Informationen vom Hüttenwirt keine Einbahnstraße sind, sondern, dass auch Ihr für euch ungewöhnliche Beobachtungen an den Hüttenwirt weitergebt. 

 Was also ist zu tun? Seid Ihr alleine oder in kleinen Gruppen unterwegs, so beobachtet stets die Umgebung. Achtet auf Geräusche. Hier hilft der sogenannte Dreifachblick, also Berg, Gruppe, Bedingungen. Steine oder Felsen, die herab brechen, erreichen Geschwindigkeiten von über 200 km/h. 

Beobachtet also den Flugweg der Steine und sucht dann Schutz zum Beispiel hinter bereits abgestürzten Felsen. Kennt Ihr den Weg, den die Steine nehmen, dann macht euch klein und schützt euch, zumindest den Kopf, unter eurem Rucksack. 

Auf bestimmten Wandertouren kann es sinnvoll sein, einen Helm mitzunehmen: wenn ihr euch sehr lange auf Bergwegen unterhalb Steinschlag gefährdeter Felswände aufhaltet, oder wenn Ihr Abschnitte um stark frequentierte Kletterwände durchlaufen müsst. 

Seid ihr in einer Seilschaft verbunden, so kann es sinnvoll sein, wenn Ihr guten Stand habt und euch nicht gerade in den Gletscherspalten aufhaltet, euch in VORHERIGER Absprache mit der Seilschaftsführung auszubinden, so dass jeder einzelne sich einen sicheren Platz suchen kann. Eingebunden in der Seilschaft wird das nichts, wenn alle in verschiedene Richtungen laufen wollen.  

 

Quellenangaben:

Ausbildungsprogramm zum Trainer B (DOSB Lizenz Trainer B) 

https://www.alpenverein.de/artikel/alpiner-permafrost-klimazeiger-und-klebstoff-der-alpen_6635525e-9a3f-4537-85a5-db15456929da